Polizeinotruf in dringenden Fällen: 110

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Sebastian Klinker bei der Policía Nacional in Palma de Mallorca
Auf Streife mit der Policía Nacional auf Mallorca
Ein Erfahrungsbericht von Polizeioberkommissar Sebastian Klinker von der Polizei Essen, der im August 2022 mit der Policía Nacional auf Mallorca auf Streife war.
Polizei Essen

„Was macht ein deutscher Polizist in Spanien?“

... war die mir am meisten gestellte Frage im Sommer 2022. Denn dieses Jahr hatte ich zum zweiten Mal die Ehre und das Vergnügen die spanische Polizei im Rahmen der Europäischen Kommissariate im Auftrag des Ministeriums des Innern des Landes NRW unterstützen zu dürfen. „Plan turismo seguro“ heißt das Programm der spanischen Regierung, welches für eine erhöhte Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in den meistbesuchten touristischen Gebieten Spaniens geschaffen wurde. Eingesetzt wurde ich bei der Policía Nacional in Palma de Mallorca.

 

„Bienvenido“ in Palma de Mallorca

Am 8. August 2022 wurde ich von meinem zugeteilten Vorgesetzten Inspector Parri Lopez am Flughafen von Palma de Mallorca herzlichst empfangen und nach einer kurzen Begrüßung auf der Flughafenwache „Comisaría de Palma Aeropuerto“ zu meiner Unterkunft gefahren. Anschließend begaben wir uns zu meiner eigentlichen Dienstelle, der „Dirección General de la Policía“ unweit der bekannten Playa de Palma. Dort erhielt ich meinen Schichtdienstplan. Aus dem ging hervor, dass ich vier Dienste pro Woche, davon einen Nachtdienst und überwiegend Spätdienste zu absolvieren hatte.

 

Ein kurzer Einblick in die kriminellen Zonen von Palma

Meinen ersten Dienst versah ich mit Inspector Parri Lopez. Zu Beginn wurde uns internationalen Polizisten – ein weiterer Kollege kam aus Berlin und ein anderer aus den Niederlanden – im Rahmen einer Stadtrundfahrt im Streifenwagen ein kleiner Einblick in die kriminogenen Zonen Palmas gegeben. Besonders hervorzuheben ist dabei der Bereich „Son Banya“. Es handelt sich um eine Barackensiedlung nördlich des Flughafens von Palma, die als Hauptumschlagplatz des mallorquinischen Drogenhandels gilt. Die Zustände vor Ort waren erschreckend. Wellblechhütten wie in den Favelas mit ca. 600-700 Einwohnern, ein bestialischer Gestank aufgrund der Vermüllung und an jeder Ecke vermeintliche Drogenkonsumenten bzw. -händler.

Als Kontrastprogramm zeigte man uns im Anschluss die Altstadt von Palma de Mallorca, das sogenannte „casco antiguo“, mit seinen wunderschönen Plätzen, Gassen und der überwältigenden Kathedrale „La Seu“ aus dem 14. Jahrhundert unweit des Strandes. Doch auch hier ist ein Kriminalitätsschwerpunkt zu finden. Aufgrund der Touristenansammlungen gibt es eine Vielzahl von Taschendiebstählen.

 

Präsenzstreife am Ballermann mit der G.O.R.

Alle weiteren Dienste fanden im Nahbereich der Playa de Palma statt, meist zwischen den als „Balneario“ bezeichneten Strandabschnitten 1 und 15. Eingesetzt wurden wir in der Regel zu sechst, verteilt auf zwei Streifenwagen der „Grupo Operativo de Respuesta“ (G.O.R), was wortwörtlich übersetzt operative Reaktionsgruppe bedeutet. Die Einheit ist mit unserem Wach- und Wechseldienst vergleichbar. Die Präsenzstreifen absolvierten wir gemeinsam mit drei Beamten der Policía Nacional zum Großteil zu Fuß. Als Transportmittel stand uns ein großer Transporter zur Verfügung der bis zu 10 Personen befördern konnte, mittig eine Trennscheibe und im hinteren Bereich des Fahrzeuges vier videoüberwachte und abwaschbare Sitze für Festgenommene besaß.

 

Einsätze

Einsatzanlässe variierten je nach Schicht- bzw. Tageszeit. Im Frühdienst trafen wir überwiegend auf hilflose Personen, die aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums auf der Straße, dem Gehweg, am Strand oder in den Grünflächen ausnüchterten. Dabei musste man bei nahezu allen komatösen Partygästen feststellen, dass deren Wertsachen entwendet wurden. Nicht wenige von ihnen stammten aus Deutschland, sodass ich hier viele Aufklärungsgespräche – Wegbeschreibung zum Hotel zwecks Ausnüchterung, Anzeige auf der Polizeiwache der Policía Nacional erstatten, Auskunft bei der Fluggesellschaft einholen, ggf. Deutsche Botschaft zwecks Passersatzpapier aufsuchen usw. – führte. Für mich erstaunlich war, dass es diese Personen in ihrem Zustand scheinbar nicht wunderte, dass ein deutscher Polizist mit ihnen in ihrer Landessprache sprach.

Völlig gegenteilig reagierten die überwiegend deutschen Touristen während der Fußstreifen im Spätdienst. Es war nicht möglich 10 Meter zu gehen, ohne dass eine Urlauberin, ein Urlauber oder gleich eine ganze Partygruppe mich ansprach. Wieso, weshalb und warum arbeitet ein deutscher Polizist auf Mallorca? Hier kam man schnell mit den Personen ins öffentliche Gespräch und konnte gute Öffentlichkeitsarbeit betreiben.

Das höchste Einsatzaufkommen fand zur Nachtzeit statt. Hierbei ging es überwiegend um Pöbeleien, Schlägereien, Körperverletzungsdelikte, Taschendiebstähle, Fundunterschlagungen, hilflose Personen und um eine Vielzahl von Bürgergesprächen. Leider wurden wir auch etwa einmal pro Schicht im Rahmen der Strandpatrouille auf komatöse, kaum noch ansprechbare Frauen hingewiesen, bei denen zumindest ein Anfangsverdacht bestand, dass K.O.-Tropfen o. Ä. verabreicht wurden. In der Nachtschicht waren neben uniformierten auch zivile Kräfte an der Strandpromenade im Einsatz. Meistens trugen sie T-Shirts und Tank Tops der lokalen Großveranstalter „Megapark“ oder „Bierkönig“, um am Strand nicht aufzufallen. Dadurch konnten täglich etwa drei bis fünf Taschendiebe unterschiedlicher Nationalitäten auf frischer Tat geschnappt und zum Teil durch uns festgenommen wurden.

Ein weiteres Highlight war die Bereitschaftspolizeieinheit U.I.P. („Unidades de Intervención Policial“) kennenzulernen. Diese Einheit ist traditionell während des jährlichen Sommeraufenthaltes des spanischen Königs Felipe auf Mallorca stationiert und dient dem Schutz des Königs. Neben den Schutzaufgaben ist die U.I.P vor allem bei Versammlungen und Demonstrationen, öffentlichen Veranstaltungen, Katastrophen- und Terrorismuslagen im Einsatz. An der Playa da Palma unterstützen sie im Rahmen der Vor- und Nachaufsicht für einige Wochen die regulären Beamten.

 

Verabschiedung vor laufender Kamera

Am Ende unser Verwendung wurden wir am letzten Einsatztag in die „Jefatura Superior de Policía Nacional - Islas Baleares“, dem Polizeipräsidium in Palma de Mallorca eingeladen. Als besondere Wertschätzung erhielten wir von dem Polizeipräsidenten, dem „Jefe Superior de Policía José Luis Santafé“ eine Glastrophäe mit der Aufschrift „Proyecto Comisarías Europeas – Palma de Mallorca 2022“, eine Teilnahmebescheinigung und eine besonders herzliche Danksagung. Begleitet wurde die Veranstaltung von zahlreichen Pressevertretern der örtlichen Medien. Und so durfte ich vor gefühlt unzähligen Mikrofonen und laufenden Kameras Frage und Antwort zu dem Projekt, der internationalen Zusammenarbeit und den Deliktsfeldern stehen. Größte Aufmerksamkeit erhielt die Antwort auf die mir gestellte Frage, wie ich das Verhalten der deutschen Touristen an der Playa de Palma bewerten würde. Da letzteres überwiegend freundlich war, dennoch hin und wieder bei stark alkoholisierten und aggressiv auftretenden Gruppen für ein persönliches „Fremdschämen“ gesorgt hatte, schaffte es genau diese Aussage von mir in die Überschrift diverser Presseartikel bis hin in die spanischen Abendnachrichten.

 

Resümee

Das Projekt „Europäische Kommissariate“ ist für mich ein voller Erfolg. Der Austausch zwischen den Beamten führt zu einem gegenseitigen Verständnis und letztlich zu einer höheren Professionalität der spanischen und deutschen Polizeiorganisationen. Darüber hinaus konnten viele Einsätze zeit- und kostensparend ohne Dolmetscher abgewickelt und unzählige Bürgergespräche zur Zufriedenheit der deutschen Touristen geführt werden. Auch von Seiten der Bürger gab es ausschließlich positive Rückmeldungen zum Projekt der Europäischen Kommissariate und zum Auslandseinsatz. Für mich als Polizist ist der Einsatz ebenfalls sehr positiv zu bewerten. Ich komme nicht nur mit einem größeren Sprachschatz, sondern auch mit neuen einsatztaktischen Ideen, unvergesslichen Eindrücken und einem größeren Freundeskreis nach Hause. Daher rate ich allen sprachbegabten Kolleginnen und Kollegen, diese Erfahrung anzustreben und sich bei einer Ausschreibung zu bewerben.

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